„Haha, Taylor, du musst Frances küssen!“
Ein Flaschendeckel und sechs schadenfrohe Augenpaare waren auf Taylor gerichtet. Die rollte entnervt mit den Augen und drehte sich dann mit einem theatralischen Seufzer zu ihrer besten Freundin um, die sie bereits erwartungsvoll ansah.
Sie ist das Zentrum, um das sich hier alles dreht. Sie ist der Fixpunkt unseres 2500-Quadratmeter-Universums und früher oder später führen alle Wege zu ihr.
Manchmal erinnere ich mich noch.
Dann taucht die Vergangenheit wieder aus den hintersten verstaubten Winkeln meines Gedächtnisses auf, all meine Versuche, sie zu vergessen, lächerlich machend.
Beschwingt begann Taylor, die Treppe hochzulaufen. Sie konnte es kaum erwarten, ihre Freundin nach anderthalb Wochen ausschließlicher Textkommunikation endlich wiederzusehen und nahm deswegen immer zwei Stufen auf einmal.
Am Ende gab es keine Klimakatastrophe, keine Stürme, Tsunamis, Überschwemmungen oder Vulkanausbrüche. Es gab keinen Zombievirus, keine Alieninvasion und keine Meteoritenschauer. Nein, am Ende war der größte Feind des Menschen der Mensch selbst.
Seitdem er elf ist, zieht er mit dem Zirkus durch die Lande. Sein ganzes Leben schon, wenn er die Jahre nicht mitzählt, über die er mit niemandem spricht.
Er erkennt sich nicht auf den Plakaten, die man an jeder Straßenecke sieht, seit der Zirkus in der Stadt ist.
Einige der Eiszapfen haben schon angefangen zu tropfen, aber der Schnee auf den Rasenflächen und Kieswegen liegt immer noch weiß und unberührt da.
Erst nach ein paar Momenten begreife ich, was das heißt.
Es ist das erste weiße Weihnachten seit Jahren.
Weiße Flocken trudeln aus dem nachtschwarzen Himmel und schweben lautlos über das Chaos auf den überfüllten Straßen hinweg.
Seit Monaten schon habe ich das Gefühl, verfolgt zu werden.
Dieses brennende Gefühl im Nacken, das man bekommt, wenn man von hinten angestarrt wird. Dieses dumpfe, flaue Gefühl im Magen, dass irgendetwas nicht stimmt.
Aber jedes Mal, wenn sie ihren Stift auf dem Blatt ansetzt, stockt sie. Ihre Hand erstarrt und will sich keinen Millimeter mehr bewegen, ihre Finger zittern unkontrolliert.
Der Rotwein in meinem Glas hat eine dunkle, satte Farbe und schimmert blutrot, wenn man ihn ins Neonlicht hält. Als ich daran nippe, schmeckt er nach nichts, genau so wie das Stück Torte auf meinem Teller.
"Du bist gefangen in einem Albtraum. Du versuchst, zu entkommen. Du versuchst, aufzuwachen. Aber das ist unmöglich... Du wirst leiden, bis du von mir geweckt wirst."